Hallo liebe Leser,
von vielerlei Seiten wurde mir in den letzten Wochen ein Autor ans Herz gelegt:
Jasper Fforde, der mit seiner lustig-schrägen „Thursday Next“ Reihe wohl wahre Lieblingsbücher schreibt. Der Klappentext klang interessant und da ich ohnehin ein „Buch für Zwischendurch“ suchte, war der erste Teil der Buchreihe bestellt.
Schon am nächsten Tag lag er vor mir, „Der Fall Jane Eyre“.
Buchdaten
Titel: Der Fall Jane Eyre
Autor: Jasper Fforde
Seitenzahl: 384
Verlag: Deutschen Taschenbuch Verlag
Preis: 9,95€
Erschienen im Juli 2011 als Neuauflage.
Inhaltsangabe
„Können Sie sich eine Welt vorstellen, in der Literatur so wichtig genommen wird, dass es eine Spezialpolizei gibt, um sie vor Fälschern zu schützen? Als Geheimagentin Thursday Next ihre neue Stelle in Swindon antritt, ahnt sie schon, daß ihr die größte Herausforderung ihrer Karriere bevorsteht: Niemand anderes als der Erzschurke Acheron Hades hat Jane Eyre aus dem berühmten Roman von Charlotte Brontë entführt, um Lösegeld zu erpressen. Eine Katastrophe für England, das mit dem seit 130 Jahren tobenden Krimkrieg schon genug Sorgen hat. Aber Thursday Next ist eine Superagentin: clever und unerschrocken. Und wenn sie wirklich mal in die Klemme gerät, kommt aus dem Nichts ihr von den Chronoguards desertierter, ziemlich anarchistischer Vater, um für ein paar Minuten die Zeit anzuhalten.“
(Quelle: Amzon.de)
Persönliche Eindrücke
Thursday Next lebt in einer alternativen Gegenwart bzw. einige Jahre nach uns, in den 80ern. Hier ist alles etwas „anders“. Immerhin ist Literatur in Thursdays Welt das absolute Nonplusultra. Es gibt nichts und niemanden, der nicht gerne liest oder nicht mindestens einen Roman Wort für Wort runterbeten kann. Besonders gefragt sich dabei die klassischen Werke, die eine große Schar Anhänger vorweisen können.
Thursday arbeitet bei der LitAG, einer Art „Bücherpolizei“, die sich vornehmlich damit befasst, dass keine Literatur geklaut, gefälscht oder sogar in unerträglich schlechten Vorführungen dargeboten wird. Thursdays Alltag missfällt ihr ziemlich, ihre Arbeit ist nicht halb so spannend wie sie klingt, und da kommt es ihr doch ganz recht, dass sie schon bald in einen großen Fall stolpert„Der Fall Jane Eyre“ ist eine unterhaltsame, kurzweilige Lektüre ohne viel Tiefgang, dafür aber umso mehr Spaß, die obendrein auch noch dazu motiviert, sich mit den großen Werken der Literatur zu beschäftigen.
Der Bösewicht Acheron Hades kidnappt ihren Onkel, sperrt ihre Tante in ein Gedicht ein, mordet sich fröhlich durch die Weltgeschichte und will dann auch noch die Figur der Jane Eyre aus dem gleichnamigen Roman entführen. Das ist zuviel für Thursday, die sich versetzen lässt um in ihrem neuen Job endlich mit Hades aufzuräumen. Immer dabei ihre neuen Arbeitskollegen und hin und wieder auch ein zeitreisender Vater.
Wenn man das jetzt mal wirken lässt, klingt das schon ziemlich ungewöhnlich. Doch „Der Fall Jane Eyre“ ist noch sehr viel mehr als das. Denn die Welt, in die uns Jasper Fforde da schmeißt, ist herrlich und schräg zugleich. Das Buch steckt voller kleiner Wunder, die einen wundern oder das Lächeln ins Gesicht treiben (die Bücherwürmer, die Vorführung von „Richard III.“, die Straßenschlachten zwischen Neosurrealisten und Anhängern der Renaissancemalerei usw.) Es gibt viel zu entdecken! So mutiert jede Seite schon zu einem kleinen Abenteuer und auch wenn es noch so seltsam erscheint, so passt es doch ganz wunderbar in die Welt der Thursday Next.
Die ist wider Erwarten relativ normal. Vielleicht muss man das in so einer Welt auch sein um nicht vollends den Verstand zu verlieren. Thursday hat eine sympathische selbst reflektierende Art, so befasst sie sich u.a. mit dem Tod ihres Bruders im Krieg, der Tatsache, dass sie die Liebe ihres Lebens verspielt hat und natürlich ihrer schwindenden Jugend (sie ist immerhin schon Mitte Dreißig). Man kann immer mit ihr mitfühlen ohne, dass jemals eine deprimierte Stimmung aufkommt.Auch diverse Nebenfiguren schließt man schnell ins Herz. Vor allem ihr Erfinder-Onkel Mycroft Next ist praktisch ab seinem ersten Auftritt einfach nur großartig.
Doch auch die literarischen Figuren, auf die Thursday auf ihrer Reise durch die Bücher trifft, bringen einen zum Schmunzeln, wie z.B. der fluchend leidende Mr Rochester, der es satt hat, dass er sich mit seiner Jane kein schönes Leben machen kann – und das alles nur, weil so eine doofe Autorin das so niedergeschrieben hat!
Weiterhin ist das Buch voller Zitate, die man auf den ersten Blick vielleicht nicht kennt, Anspielungen und Wortwitz. Der beginnt schon bei den Namen des Charaktere, als Beispiel sei hier Thursdays Kollegin Paige Turner (von "Pageturner", dem Begriff für eine wirklich gutes Buch, übersetzt ein "Seitenumblätterer") angebracht. Jasper Ffordes eigener Stil ist leicht lesbar und es braucht nicht übermäßig viel Aufwand ihm zu folgen. Was Konzentration erfordert ist das Eintauchen in die Welt von Thursday. Denn da sie so anders ist und viel auch Unübliches darin passiert, sollte man schon nicht nur mit einem Auge lesen. Bei mir hat sich das hin und wieder gerächt.
So weit, so gut. Bisher alles schön.
Dennoch muss ich Kritik anbringen, die nicht positiv ist, denn dieses Buch ist eine Mogelpackung. Was dem Leser als Entführungsdrama ums Buch „Jane Eyre“ von Charlotte Bronte verkauft wird, ist in Wirklichkeit ein sehr vielfältiges Buch, in dem es nur stellenweise um eben diesen Fall geht. Die eigentliche Geschichte um Jane Eyre beginnt erst ca. 150 Seiten vor Schluss. Davor schlägt man sich durch eine Vielzahl kleinerer Handlungen, lernt überhaupt erst einmal Thursday und ihr Leben kennen. Das ist natürlich zwingend notwendig, trotzdem stelle ich mir die Frage, ob das nicht auch während „Jane Eyre“ gegangen wäre. Wer sich also zu sehr auf die Inhaltsangabe verlässt und auch nach der Hälfte immer noch nirgendwo was von einer Charlotte Bronte entdeckt, der könnte sich ein wenig vera… fühlen.
A propos Charlotte Bronte. Um die Thursday Next Bücher zu lesen muss man kein Literaturkenner sein. Natürlich ist die Reihe eine einzige Liebeserklärung an das geschriebene Wort, aber wenn man mal nicht weiß, wer im Buch besagte Autoren sind o.ä., dann ist das auch nicht weiter schlimm. Fforde baut nämlich fleißig knappe Inhaltsangaben ein, die dem Laien erkenntlich machen worum und um wen es geht. Das fand ich erstens mal sehr hilfreich, und zweitens macht das sogar Lust die abgehandelten Bücher selbst zu lesen.
Zuletzt noch eine Kritik an der deutschen Covergestaltung.
Die Reihe erschien 2011 mit neuem Cover, welches schon mal eine deutliche Verbesserung zum Vorgänger ist. Und doch sind sie bei weitem nicht so schön und passend wie die, der Originalausgabe. Um ein Haar hätte ich mir nur deswegen das Original gekauft (was ich dann ließ, immerhin will Muttern das Buch auch lesen und die kann kein Englisch).
Fazit
Ungewöhnlich, schräg, komisch. Eine stinknormale Frau in einer Welt voller Literatur und Chaos. Ein sehr sympathisches Buch, das jedoch nicht immer das ist, was auf dem Umschlag steht. Und eine Leserin (ich), die diese Reihe auf jeden Fall weiter verfolgen wird, auch wenn nicht alles perfekt ist. Eine klare Empfehlung trotz einiger kleiner Abzüge. Für Fans von Terry Prachett und Douglas Adams sicher nicht verkehrt, für alle anderen ebenso nicht.
Lesen!